Die Studienreise im April 2022 hatte das Ziel, mit Repräsentant:innen der VN, der MItgliedsstaaten und NGOs über die Rolle der Vereinten Nationen und der Mitgliedschaft europäischer Staaten in den VN ins Gespräch zu kommen. Besonderer Fokus wurde hierbei auf die gemeinsame Politik der EU-Mitgliedsstaaten und deren Entwicklung hinischtlich der VN während der letzten 75 Jahre gelegt. Aufgrund der aktuellen Ereignisse lag bei den Gesprächen in den Ständigen Vertretungen der USA, Deustchlands, Schwedens, Finlands und Estlands besonderes Gewicht auf dem tagesaktullen Geschehen des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine. Dieses und weitere Themen wurden auch mit Repräsentanten des Generalsekretariats der VN, mit UN-Media, UNHCR und der Ständigen Vertretung der EU bei den VN intensiv diskutiert.
Daneben hatten die Teilnehmer:innen die Möglichkeit bei gemeinsamen Abendessen und Erkundungen der Stadt das Gehörte weiter zu vertiefen und auch die vielen Angebote des Big Apple zu genießen.
Auf https://www.instagram.com/dgvn.nrw/ finden sich weitere Impressionen unserer Studienreise.
Erfahrungsbericht der Teilnehmer:innen
Was ist ein Moot Court?
In einem Moot Court schlüpfen Studierende in die Rolle von Anwält*innen zweier Streitparteien in einem fiktiven Rechtsstreit. Der Wettbewerb teilt sich dabei in zwei Phasen auf: In der ersten, schriftlichen Phase erstellen die Studierenden Schriftsätze für die Kläger- und Beklagtenseite. In der sich anschließenden mündlichen Phase tragen sie dann die Argumente aus den Schriftsätzen in Plädoyers vor einem „Gericht“ (bestehend aus Richter*innen, Anwält*innen oder anderen Expert*innen) möglichst überzeugend vor. Betreut werden die Studierenden bei ihrer Arbeit von einem oder mehreren Coaches.
Der Telders International Law Moot Court 2022
Wir nahmen für die Universität zu Köln – als eines von 25 Teams aus ganz Europa – am Telders International Law Moot Court 2022 teil. Der Telders Moot Court spielt im Bereich des Völkerrechts und wird vollständig in englischer Sprache abgehalten. Er simuliert einen fiktiven Rechtsstreit zweier Staaten vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH), zentrales Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen.
Die jeweils relevanten Rechtsgebiete im Telders Moot Court variieren von Jahr zu Jahr und können der gesamten Bandbreite des Völkerrechts entnommen sein. So wurden in der Vergangenheit etwa diplomaten-, see-, umwelt- oder investitionsrechtlich geprägte Sachverhalte gestellt. Die teilnehmenden Studierenden müssen keine vertieften völkerrechtlichen Vorkenntnisse haben, sondern arbeiten sich während des Wettbewerbs selbstständig in die – oft sehr spezielle – völkerrechtliche Materie ein.
Üblicherweise findet die internationale Runde des Telders Moot Court in Den Haag statt, wobei das Finale selbst in den Räumlichkeiten des IGH vor echten IGH-Richtern*innen ausgetragen wird. Dieses Jahr fand der Wettbewerb aufgrund der anhaltenden Pandemie erneut digital statt.
Am 01. November 2021 begann die schriftliche Phase des Telders Moot Court 2022 mit der Veröffentlichung des diesjährigen Telders-Falles, dem „Case concerning the compensation due from the exploded M2M Satellite’s Space Debris“.
Grob zusammengefasst behandelte der Fall die Bruchlandung des „M2M“, einem Satelliten des beklagten Staats „Maleen“, auf dem Territorium des klagenden Staats „Jonam“. Durch seine Bruchlandung hatte der M2M-Satellit erhebliche Schäden an der Umwelt und an Menschen in Jonam angerichtet. Da Jonam jedoch durch eigenes Verhalten eine vorige Beschädigung des M2M-Satelliten herbeigeführt hatte, stellte sich u.a. auch die Frage des Mitverschuldens von Jonam. An Komplexität gewann der Fall zusätzlich dadurch, dass neben Jonam auch Kosmonauten der Internationalen Raumstation „ISS“ zum Absturz des M2M beigetragen hatten, indem sie den Satelliten kurz vor dessen Bruchlandung fehlerhaft generalüberholten.
Anlässlich des 45-jährigen Jubiläums des Telders Moot Court gab es zudem eine Besonderheit: Der Fokus der Schriftsätze sollte erstmals nicht auf der Haftungsbegründung liegen, sondern auf der Frage des Haftungsumfangs. Es ging also nicht darum, die Haftung von Maleen und Jonam für die einzelnen Schäden im Grundsatz festzustellen, sondern darum, welche Summen für die menschen- und umweltrechtlichen Schäden sowie für die Zerstörung des M2M-Satelliten fällig wurden.
Hierdurch waren für die Bearbeitung nicht nur rechtliche Fragen von hoher Relevanz. Es musste auch schlüssig dargelegt werden, wie die eingetretenen Schäden an der Umwelt und an den Menschen, denen kein Marktwert zugerechnet werden kann - u.a. Verletzungen von Menschenleben, der Tod geschützter Tierarten, die irreparable Beschädigung eines indigenen Tempels oder Schäden an der Ozonschicht -, überhaupt in Geld zu bemessen sind.
Es war daher nötig, sich mit verschiedenen sozioökonomischen Bewertungsansätzen auseinanderzusetzen und diese auf den Fall anzuwenden, um letztlich zu einer Kompensationssumme zu gelangen. Darüber hinaus bedurfte die Heranziehung der gewählten Ansätze einer völkerrechtlichen Begründung, was eine besondere Herausforderung darstellte: Angesichts der dünnen völkerrechtlichen Präzedenzlage und der Tatsache, dass sich auch vergangene Telders-Fälle bisher nie mit der Frage der Kompensationsbemessung befasst haben, gab es nur wenige Materialien, an denen sich die Studierenden orientieren konnten.
Unter Betreuung unseres Coaches erarbeiteten wir die Schriftsätze von Jonam und Maleen zunächst parallel und teilten die Arbeit teamintern nach den streitigen Schadensposten auf. Um innere Widersprüche in den Schriftsätzen zu vermeiden und konsistente Kompensationsansätze für alle Schadensposten zu finden, arbeiteten wir im weiteren Verlauf jedoch zunehmend gemeinsam als Team und tauschten uns frequentiert und intensiv über unsere Ideen zur Haftung und Kompensationsbemessung aus. Die intensive Arbeit hat sich letztlich bezahlt gemacht und wir konnten auf Klägerseite den Preis für den besten Schriftsatz des Wettbewerbs gewinnen.
Mit der Abgabe der Schriftsätze am 14. März 2022 begann unsere Vorbereitung auf die mündliche Phase des Wettbewerbs. Neben der Erstellung der Plädoyers übten wir auch die möglichst prägnante und überzeugende Darstellung unserer Argumente und die Beantwortung etwaiger spontaner Zwischenfragen der Richter*innen. Hierzu hielten wir Probeplädoyers vor Anwält*innen verschiedener Kanzleien, anderen Praktiker*innen sowie ehemaligen Teilnehmenden des Telders Moot Courts.
Knifflig war bei der Vorbereitung, dass die Argumente der gegnerischen Teams in der mündlichen Runde für uns kaum vorhersehbar waren. Die Offenheit der Aufgabenstellung ermöglichte es, dass die Plädoyers der Teams in sehr verschiedene Richtungen gehen konnten. Es war daher auch vonnöten einzustudieren, spontan auf die Argumentation der Gegenseite zu reagieren.
Ende April reisten wir dann nach Tübingen zur nationalen „Friendly Round“ mit den anderen teilnehmenden deutschen Teams aus Düsseldorf, Tübingen und Jena. Wie schon im Vorjahr diente die nationale Runde lediglich zu Übungszwecken, da aufgrund des Online-Formats alle deutschen Teams auch an der internationalen Runde teilnehmen durften. In der internationalen Runde im Juni plädierten wir schließlich viermal gegen andere Teams aus Europa – zweimal auf der Kläger- und zweimal auf der Beklagtenseite.
Insgesamt bot uns der Telders Moot Court eine tolle Gelegenheit, die praktische Perspektive von Anwält*innen im Bereich des Völkerrechts kennenzulernen. Der rhetorische Vortrag und das überzeugende Vorbringen von Argumenten sind Fähigkeiten, die im juristischen Studium selbst kaum vermittelt werden, die jedoch für die praktische Arbeit als Jurist*in unverzichtbar sind. Ein großer Gewinn ist zudem die Vernetzung mit völkerrechtlichen Rechtspraktiker*innen und völkerrechtlich interessierten Studierenden aus ganz Europa, die wir im Laufe des Moot Courts kennenlernen durften.
Daneben war es spannend, sich in die Bereiche des internationalen Weltraum-, Menschen-, Umwelt-, See- und Völkergewohnheitsrechts einzuarbeiten und deren Verknüpfungen mit der Sozioökonomie näher zu erforschen. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Frage nach der Kompensationsfähigkeit von Klima- und Umweltschäden immer relevanter wird, muss auch die Frage beantwortet werden, wie diese Schäden ökonomisch zu bemessen sind. Das durch den Moot Court gesammelte Wissen wird uns daher auch künftig zugutekommen.
Bei weiterem Interesse am Telders International Law Moot Court finden Sie weitere Informationen unter https://ilwr.jura.uni-koeln.de/moot-courts/telders-moot-court.
Am 16.02.2022 fand eine spannende Online-Diskussion zum Thema "Gender und Migration in Europa" statt. Durch die Rednerinnen Marina Liakova, Farnaz Nasiriamini und Miriam Mona Muakalzi wurde dem Publikum ein interessanter Einblick auf eine notwendige geschlechtergerechte Migrationspolitik gewährt. Die wurde von unserem Vorstandsmitglied Melina Rozehkhan moderiert und von den Landesverbänden Baden-Württemberg, Hessen & Nordrhein Westfalen der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen, dem Europazentrum Baden-Württemberg, der Charlemagne Prize Academy sowie dem Jean Monnet Lehrstuhl für Vergleichende Politikwissenschaft und Europäische Integration der Eberhard-Karls-Universität Tübingen unterstützt.
Während der Diskussion hielt die Journalistin Farnaz eine Präsentation zu ihrer Arbeit in der Refugee Law Clinic in Samos, Griechenland und teilte ihre gesammelten Einblicke von dem Leben der Geflüchteten. Ihre Präsentation betonte die Folgen von einer geschlechterungerechten Migrationspolitik und wie die Probleme weiblicher Flüchtlinge sichtbarer gemacht werden müssen.
An diesem Abend haben rund 70 Personen an der Veranstaltung via Zoom teilgenommen und mit Sprachbeiträgen und Fragen die Diskussion mitgestaltet. Fragen wie "Wie können wir als Individuen einen Beitrag zu einer geschlechtergerechteren Migrationspolitik leisten?" wurden hierbei diskutiert und kritisch hinterfragt.
Schließlich hat diese aufschlussreiche Diskussion uns nicht nur über Gender und Migration in Europa aufgeklärt, sondern auch motiviert uns für eine geschlechtergerechtere Zukunft einzusetzen und zu handeln.
Speakerinnen:
Als habilitierte Soziologin legt sie ihre Schwerpunkte auf die Migration- und Genderforschung. Sie lehrt am Institut für Transdisziplinäre Sozialwissenschaft an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe und war auch als Mitarbeiterin der Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung an der Universität Duisburg-Essen und des Diakonischen Werks Baden tätig. Die gebürtige Bulgarin ist Autorin der ersten umfangreichen Studie über die Migration aus Bulgarien nach Deutschland. Ihr Buch „Verhindert, verdeckt, unsichtbar: Migration und Mobilität aus Bulgarien nach Deutschland erschien 2020 bei Springer. Wir freuen uns auf PD Dr. habil. Marina Liakova und sind gespannt ihre Meinung zum Thema "Gender und Migration in Europa" zu hören.
Sie ist Journalistin, Autorin und setzt sich mit gesellschaftspolitischen Themen wie "Antidiskriminierung und Intersektionalität" auseinander. Als Referentin gibt sie politische und kreative Workshops zu gesellschaftspolitischen Themen und tritt regelmäßig bei verschiedenen Lesungen auf. Durch ihre Arbeit in der Refugee Law Clinic in Samos, Griechenland konnte Farnaz Einblicke über das Leben in Flüchtlingslagern sammeln können. Einblicke wie diese kann man in ihrem Blog "Alphafehler" nachlesen, wo Farnaz ihre Meinung zu gesellschaftspolitischen Themen teilt, die sie wissenschaftlich, journalistisch und künstlerisch aufarbeitet. Wir freuen uns nächste Woche Mittwoch ihre Perspektiven und Erfahrungen zu dem Thema "Gender und Migration in Europa" kennenlernen zu dürfen.
Blog von Farnaz: https://alphafehler.com/
Leben im Flüchtlingslager: https://alphafehler.com/2019/11/07/leben-im-fluechtlingslager-samos-gezwungen-die-gesetze-zu-brechen/
iSie st Doktorandin und Research Fellow der Charlemagne Prize Academy. Unter anderem forscht sie zu Gender, Peace & Security aus einer postkolonialen Perspektive. Vor kurzem wurde Miriam im WDR5 Radio interviewt. Sie war Beraterin beim Centre for Feminist Foreign Policy und arbeitete bei UN Women Deutschland. Außerdem ist sie im DGVN Bundesvorstand.
Melina ist momentan Studentin und interessiert sich besonders für Rechtswissenschaften, mit einem Fokus auf Völker-, Frauen-, Kinder-, und Migrationsrecht. Melina war von 2017 bis 2021 besonders bei UNICEF aktiv, war Teil des UNICEF-Juniorbeirats und setzte sich hier für Kinderrechte in Deutschland ein. Die ehemalige UWC Schülerin ist nun seit 2022 Vorstandsmitglied der DGVN NRW.